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Was hat das Higgs-Boson mit Ahornsirup zu tun?
Unter diesem Titel hielt Dr. Pauline Gagnon am 17. April 2024 an unserer Schule einen Vortrag über Teilchenphysik, Teilchenbeschleuniger und die gesellschaftlichen Einflüsse auf Forschung.
Zu Beginn erklärte die aus Kanada stammende Physikerin den Aufbau von Atomen. Dabei ging Frau Gagnon über den Schulunterricht, der nur Protonen und Neutronen betrachtet, hinaus, indem sie sich auch noch mit dem Aufbau dieser Elementarteilchen befasste. Protonen und Neutronen werden nämlich von Quarks und Leptonen gebildet. Zwischen diesen werden wiederum sogenannte Bosonen ausgetauscht. Danach erläuterte sie uns sehr anschaulich, wofür die Bosonen gut sind.
Doch zuerst ein Vergleich, damit man sich die Größenverhältnisse der Teilchenphysik besser vorstellen kann: Rechnet man die Größe eines Atoms auf die Größe eines Fußballfeld hoch, dann hat der Atomkern die Größe eines Sandkorns.
Nun lief die Physikerin begeistert durch den Vortragsraum, unsere „Wanne“, und kündigte einen unglaublichen Zaubertrick an: Obwohl die Atomkerne so klein sind, konnte sie auf dem Boden der Wanne laufen, ohne einzusinken.
Die Auflösung des Tricks: Wir können deshalb auf dem Boden stehen, weil sich die Elektronen aller beteiligten Atome in einer durchgängigen Interaktion miteinander befinden, in der sie bestimmte Elementarteilchen, nämlich die schon genannten Bosonen, austauschen. Würde dieser Austausch nicht stattfinden, würden wir schlichtweg im Boden versinken.
Im weiteren Verlauf erklärte Frau Gagnon weitere Einzelheiten über die verschiedenen Bosonen und deren Nachweis. So kam sie dann auch auf ihre 19-jährige Arbeit am CERN zu sprechen. Das CERN ist die Europäische Organisation für Kernforschung, die in der Nähe von Genf in der Schweiz und Frankreich liegt.
Dr. Gagnon erklärte uns den Aufbau und den Gebrauch des dortigen Teilchenbeschleunigers: Es handelt sich um einen riesigen Ring mit einem Umfang von 26,6 Kilometern, in dem mithilfe von 9300 Magneten Protonen fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden und anschließend ineinander krachen. Wenn die Teilchen dann kollidieren, zerspringen sie in ihre Einzelteile, die dann mit Hilfe vieler Sensoren und einem der leistungsstärksten Supercomputer der Welt nachgewiesen werden können. Die mit einer Präzision von wenigen Tausendstel Millimetern gemessenen Flugbahnen geben den Forschenden dann die gewünschten Informationen.
Durch viele Versuche war es Dr. Gagnon und ihren vielen Mitforschenden nämlich gelungen, das sogenannte Higgs-Boson nachzuweisen. Dazu war es unter anderem nötig, die Spaltungsvorgänge, bei denen ein Higgs-Boson entstehen konnte, möglichst gut zu isolieren. Als Analogie dazu diente ihr die Gewinnung von Ahornsirup in ihrer Heimat in Quebec / Kanada.
Die Physikerin, die seit vielen Jahren mit einer Frau verheiratet ist, kam zum Ende des Vortrags auf Rassismus, Sexismus und Homophobie in der Gesellschaft zu sprechen. Sie berichtete, dass sie in ihrem Leben nur zwei schwarzen Physikern begegnet sei. Auch habe sie in den ersten Jahren am CERN alleine an einem Tisch gegessen, weil sich niemand zu einer Homosexuellen setzen wollte.
Zudem sprach sie das unausgewogene Verhältnis zwischen Männern und Frauen am CERN an. Den Vortrag beendete sie mit der Botschaft, dass man sich gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie jeder Form einsetzen und niemals eine Ausgrenzung wegen der Hautfarbe, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung zulassen solle. Schließlich gebe es noch so viel zu entdecken und dafür brauche die Wissenschaft die Kreativität aller.
Vielen Dank an Frau Gagnon für den inspirierenden Vortrag und an Frau Weiser für die Organisation. (Finian, Kl. 10)