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„Die Stunde drängt und rascher Tat bedarf´s“

Der Deutsch-LK besuchte am 18. Januar 2024 zwei Ausstellungen im Deutschen Literaturarchiv Marbach.
Unser Besuch begann bei Friedrich Schiller. Von ihm stammt das Zitat „Die Stunde drängt und rascher Tat bedarf´s“ und ihm ist auch seit Anfang diesen Jahres eine Ausstellung in seinem Geburtsort Marbach gewidmet.
In dieser Ausstellung haben wir uns Handschriften und gedruckte Werke Schillers angeschaut. Dabei ist uns aufgefallen, wie selten sich Erstfassungen von Werken, damit sind handschriftliche Zeugnisse gemeint, die Notizen und Gedanken von Schiller enthalten, erhalten haben.
Forscher, die sich mit der damaligen Literatur und Geschichte beschäftigen, sind deshalb besonders an den Erstfassungen interessiert. Denn vor allem Fragmente, Vorstufen und einzelne, schriftlich erhaltene Gedanken sind wichtig, um die Entstehung eines Werks besser zu verstehen.
Nach Schiller widmeten wir uns dem Hauptthema der Exkursion, der Moderne. Wir betraten einen abgedunkelten Raum, der uns alle sehr beeindruckte. An den Wänden hingen Gemälde von wichtigen Persönlichkeiten, die die Moderne prägten. Von der Decke des Raumes hingen unzählige leuchtend grüne Vitrinen. In ihnen waren ca. 180 Exponate wie zum Beispiel Telegramme, Bücher, Briefe und andere Text-Zeugnisse enthalten.
Die Literatur um und nach 1900 ging neue Wege, um Literatur zu verfassen, aber auch um sie zu verstehen. So stellt etwa Gottfried Benn ein gutes Beispiel für die Sprachkrise dar, in der sich viele Schriftsteller v.a. in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg befanden.
Die Sprachkrise hat in vielen Fällen, so auch bei Benn, den Ursprung in der totalen Überforderung in der Nachkriegszeit. Viele Autoren und Schriftsteller konnten für ihre aufwühlenden Emotionen keine passenden Worte finden. Katharina Schneider, die uns durch die Marbacher Ausstellungen führte, erklärte uns, dass sich zwei Gruppen bildeten. Die eine Seite bestand aus den Schriftstellern, die an ihren Gefühlen verzweifelten und es nicht schafften ihre Niedergeschlagenheit zu überwinden. Daraus entstand dann eine depressivere Literatur, oft verbunden mit Themen wie Weltuntergangsszenarien oder dem Ich-Zerfall.
Auf der anderen Seite entwickelten sich neue literarische Strömungen, in denen die Schriftsteller optimistisch oder zumindest realistisch in die Zukunft schauten. Eine der wichtigsten Strömungen ist der Naturalismus, der seinen Fokus auf die ehrliche Darstellung der Wirklichkeit legt und Idealisierungen vermeidet. Dabei werden soziale Missstände aufgezeigt und es bestehe in vielen Fällen auch eine Hoffnung auf gesellschaftliche Veränderungen.
Außerdem schauten wir uns die Matura von Franz Kafka an, also das österreichische Äquivalent zu unserem Abitur-Zeugnis. Diese hat er in der Zeit um die Jahrhundertwende gemacht mit insgesamt erfolgreichen Noten.
Das ist aber nicht das einzige Werk, welches von Kafka im Literaturarchiv ausgestellt ist. Hier findet man noch verschiedene Briefe, die er nicht nur in Tinte, sondern auch mit Bleistift und Schreibmaschine verfasste. Dass Kafka verschiedene Schriftarten, wie etwa Schreib- und Druckschrift, und unterschiedliche Tinten und Bleistifte verwendete, war für seine Zeit sehr fortschrittlich
Zum Abschluss durften wir uns noch die erste Seite aus Kafkas berühmtem Werk „Der Prozess“ anschauen. Darauf seien sie besonders stolz, denn das Literaturarchiv besitzt nicht nur die erste Seite, sondern den gesamten Band. Sie war eindrucksvoll mit zahlreichen Hinweisen und Notizen versehen. Zudem verwaltet das Literaturarchiv über 1.200 Nachlässe und Teilnachlässe und über 50 Millionen Gegenstände wie zum Beispiel Kleidungsstücke und ganze Schreibtische. Faszinierend ist außerdem, dass das Literaturarchiv das größte Bibliotheksarchiv der Welt mit insgesamt über 750.000 Büchern besitzt.
Wir haben einen gelungenen Tag im Literaturarchiv Marbach verbracht, der uns viele Perspektiven auf die Literatur um die Jahrhundertwende bot. Vielen Dank, Frau Ircsik, für diese beeindruckende Exkursion. (Lucie, J2)